Mit dem letzten Passagierschiff der Nordatlantik-Linie nach New York
(SFB / ORF 1977). Dauer 50:54.
Touristen-Klasse, Luxus-Klasse, Mannschafts-Quartiere, Arbeitsbereiche und ein November-Sturm, der vorübergehend alle gleich macht.
Aus dem Manuskript:
(…) SPRECHER I Im Restaurant der Touristen-Klasse das Ehepaar Klein aus Zweibrücken. Sie essen mit der ersten Schicht. Um 20 Uhr 15 müssen die Plätze geräumt sein. Dann kommt die zweite Schicht. – Herr Klein war Schildermaler und ist 76. Seine Frau kann das Fliegen nicht vertragen. Darum sitzen jetzt beide hier.
HERR KLEIN Auf jedem Schiff, wo ich bis jetzt gefahren bin, da haben sie die Deutschen gesucht ! Und hier spricht kein Stewart deutsch … Ich krieg die Speisekarte und weiß ja gar nicht, was das ist. Dem Stewart sag ich: Bringen Sie grad, was Sie wollen. Ist mir egal!
(…)
SPRECHER II Auf dem Hundedeck, gleich neben dem Kindergarten, sitzt Miss Gingold und streichelt das gebrochene Bein ihrer “Lady”, Geschenk von Elizabeth Taylor.
SPRECHER I Hermione Gingold – das ist der Broadway von gestern. Ein letztes Fünkchen Glamour. “Wissen Sie schon? Die Gingold ist an Bord!”
MISS GINGOLD Eh … is there a change ! Everyone travels nowadays ! The food isn’t as good as it was … I’ve worked my way across eating nothing but caviar … In the old days it was much smarter, much cheeker … Everyone dressed and everyone looked beautiful … It wasn’t general public travelling!
(…)
IN DEN ALLEYWAYS BEI DEN TURBINEN. IN ABSTÄNDEN DAS GERÄUSCH
GEWALTIGER BUGWELLEN.
SPRECHER II Das ist die Stadt unter der Stadt. Beim Aufprall großer Wellen zittern die Wände. Die hier arbeiten, nennen sich selbst “down below men”, Männer von ganz unten (…) Danny Klayman ist Obermechaniker. 50 Jahre alt, verheiratet, drei Kinder. Bei täglich acht bis zehn Stunden am Generator hat sein Gehör stark nachgelassen. Sie nennen es “Ingenieurs-Taubheit”.
INTERVIEW KLAYMAN Es gibt Ohrenschützer. Aber dafür ist es wohl zu spät. Zu Hause kann man nicht schlafen. Es ist zu leise … Wie lange machen Sie das schon ? … 34 Jahre … Da sehen Sie aber nicht viel Sonne … Nein, nicht im Sommer und nicht im Winter … Und Sie möchten das nicht ändern ? … Ich mag eben diese Arbeit – und an Land gibt’s keine Jobs. Ein Leben ist das nicht. Man existiert. O. k. – Zigaretten sind billig an Bord, Saufen ist billig. Trotzdem – das ist kein Leben für einen verheirateten Mann.
JOHN DAVIS (VERTRAUENSMANN DER SEELEUTE-GEWERKSCHAFT)
Ehrlich – wer einen Job auf der “Queen Elizabeth” hat, soll ihn lieber gut festhalten!
(…)
BLENDEN IN ATMO KABINE
SPRECHER II Es fängt in der Kabine an …
BLENDEN IN ATMO FLUR
SPRECHER I Man hört es auf dem Flur …
BLENDEN IN ATMO KARTENSPIELRAUM
SPRECHERIN … im Kartenspielraum …
BLENDEN IN ATMO PROMENADENDECK
SPRECHER I … auf dem Promenadendeck.
KNARREN UND WINDHEULEN AN DER TÜR ZUM SPORTDECK
SPRECHER II Wellenberge bis zum Horizont, blaugrün, weiß geädert. Man wird seekrank. Stewards haben kleine blaue Pillen verteilt. Die Oberschwester im Bordkrankenhaus spritzt Antihistamine und Beruhigungsmittel.
DINNER-ATMO. SEHR LEBHAFTE UNTERHALTUNGEN, SERVIER- UND FLAMBIER-GERÄUSCHE.
SPRECHER I Dinnertime. Durch die Gänge streifen Nerz und Ozelot. Flambierflammen leuchten wie kleine Lagerfeuer. Donald W. Slack jr., Präsident der Slack & Rose Construction Company in Jackson / Mississippi sitzt aufrecht in seinem Fauteuil und tätschelt beruhigend die Wangen der kleinen, aufgeregten Mrs. Slack & Rose. Die Stewards in ihren weinroten Uniformen lächeln leise, wenn das Restaurant zur Seite kippt. “Zwei Tagesreisen ostwärts”, sagt der Funkoffizier, “geht ein Frachtschiff unter…”