Raketensommer 83

Ana­ly­se eines Alp­traums – 15 Jah­re nach dem “Nach­rüs­tungs-Beschluss“

SFB + ORB / DLF / NDR (1998)

Dau­er 54:21 – Mit­ar­beit: Alex­an­dra Hoff­mann – Erzäh­ler: Rai­ner Heise


Für die euro­päi­sche Frie­dens­be­we­gung stan­den die Uhren damals eine Minu­te vor Zwölf. Aus geo­po­li­ti­schem Über­druck oder aus Ver­se­hen konn­te schon mor­gen — schon heu­te — der fina­le Welt­brand aus­bre­chen. Pers­hing-Rake­ten gegen SS 20, Nuklea­rer Win­ter, „The day after“ — täg­lich neue Schre­ckens-Sze­na­ri­en. Und Demons­tra­tio­nen, Blo­cka­den, Hun­ger­streiks, Mahn­wa­chen über­all in Euro­pa. Am 23. Okto­ber 1983 ver­sam­mel­ten sich 500 000 Men­schen im Bon­ner Hof­gar­ten. Gert Bas­ti­an und Petra Kel­ly spra­chen, Robert Jungk und Hein­rich Böll; Wil­ly Brandt wur­de ausgepfiffen. 

Der Autor, Mit­be­grün­der einer bun­des­wei­ten Jour­na­lis­ten-Initia­ti­ve, besuch­te in jenem „Rake­ten­som­mer“ 1983 und im fol­gen­den Jahr zahl­rei­che Brenn­punk­te des Pro­tests. Er fuhr mit einem US-Rake­ten-Kon­voy durch die Schwä­bi­sche Alb, debat­tier­te durch die Sta­chel­draht­zäu­ne ame­ri­ka­ni­scher Muni­ti­ons­de­pots im „Ful­da Gap“ mit oliv­grü­nen GIs und deut­schen „Schwar­zen She­riffs“, erleb­te die Mas­sen­ak­tio­nen der euro­päi­schen Frie­dens­be­we­gung, ihre Stra­te­gie-Dis­kus­sio­nen und Trai­nings­camps für gewalt­lo­sen Wider­stand — und auch die Ableh­nung, ja Feind­se­lig­keit der „betrof­fe­nen Bevöl­ke­rung“. Er sah und hör­te Schei­tern, Frust, Ver­zweif­lung, Gewöh­nung an das Unaus­weich­li­che. Schließ­lich: das all­mäh­li­che Abklin­gen der Empö­rung. 
Der Kal­te Krieg ging zu Ende, die poli­ti­schen Eis­blö­cke began­nen zu schmel­zen. Der Welt­un­ter­gang war — trotz des ver­stö­ren­den Golf­krieg-Inter­mez­zos — erst ein­mal verschoben..

Nun, 15 Jah­re nach dem „Rake­ten­som­mer“, hört der Autor die Ton­do­ku­men­te von damals mit Stau­nen. Das haben wir wirk­lich erlebt ? So haben wir gedacht, gesprochen ? 

Er fragt Prot­ago­nis­ten der Empö­rung und Besorg­nis wie aus­ge­wie­se­ne Kri­ti­ker der Mas­sen­pro­tes­te: War das alles nur ein böser Traum, damals ? Über­re­ak­ti­on ? Rück­fall in mit­tel­al­ter­li­che Mas­sen­hys­te­rie ? Was hat die Frie­dens­be­we­gung eigent­lich bewirkt ?
Eini­ge, die in der Sen­dung Ant­wort geben: der Poli­ti­ker Egon Bahr, der Schrift­stel­ler Ger­hard Zwe­renz, der Frie­dens­for­scher und frü­he­re Berufs-offi­zier Wol­gang Vogt, der Foto­graf Gün­ter Zint. die Jour­na­lis­ten Franz Alt, Anton-Andre­as Guha, Peter Sta­isch und Peter Scholl-Latour.



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