Bundeswehr nimmt NVA — Album einer Vereinigung.
SFB / BR / Funkhaus Berlin / NDR / WDR (1991) – Dauer 48:50.
Sprecher: Hans Teuscher, Till Hagen, Ortwin Speer.
PRESSETEXT: Am Rand der Gemeinde Dabel, Kreis Sternberg, Bezirk Schwerin (2000 Einwohner), hinter Kiefern und Birken, geschieht das nie Dagewesene: Zwei Armeen vereinigen sich. Die Gegner — schwer bewaffnet und in jahrzehntealtem Misstrauen erstarrt — feiern Hochzeit. Alle Mann im gleichen Rock.
Wie in vielen anderen Garnisonstädten der ehemaligen DDR schwören NVA-Offiziere nun auf Schwarz-Rot-Gold ohne Hammer und Zirkel; geloben Rekruten in feierlicher Zeremonie, “der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen”. Allerdings: Alte Gewohnheiten und Denkmuster sind schwerer zu wechseln als Uniformen, und die kleine Mannschaft der Bundeswehr-Instrukteure (West) — in Dabel sechs Mann gegenüber tausendvierund-neunzig Soldaten und hundertfünfundfünfzig Zivilangestellten (Ost) — wirkt zuweilen wie ein Fähnlein versprengter Pioniere oder Missionare unter fremdstämmigen Kriegern.
Berufsoffiziere, samt und sonders SED-Parteimitglieder und auf Befehl und Gehorsam gedrillt, sollen nun die Grundsätze der inneren Führung (“Bürger in Uniform”) verwirklichen. Die Wehrpflichtigen aber sind ohne Motivation. Der Staat, den sie im Ernstfall unter Einsatz ihres Lebens verteidigen müssten, wird viele nach der Militärzeit vorerst in die Arbeitslosigkeit entlassen. Die umgekleideten, “gewendeten” Vorgesetzten sind unglaubwürdig. Und die neue Freiheit verleitet zu “Disziplinlosigkeit”, Leck-mich-am-Arsch-Stimmung und offener Randale.
Eine Woche lang hat Helmut Kopetzky die mecklenburgischen Vereini-gungswehen beobachtet — in der Wachstube, in den Mannschaftsunter-künften, auf dem Exerzierplatz, im Dienstzimmer des Kommandeurs, in der Militärwohnsiedlung, im Dorf.
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