Wie ich zehn Takte auf einer Stradivari spielen wollte
DLF / NDR 2010 – Dauer: 51:25 – Erzähler: Der Autor
PRESSETEXT:
Jeden Morgen seit 30 Jahren betritt Signore Andrea Mosconi (jetzt 75 Jahre alt) die Stradivari-Halle im Palazzo Comunale von Cremona und spielt einige Passagen auf den dort ausgestellten Instrumenten, damit ihre Stimmen lebendig bleiben. Auch Stradivaris altern und müssen in diesem Luxus-Altersheim des Klangs physiotherapeutisch behandelt werden.
Töne sind Schwingungen in Holz und Metall, in der Luft. Wie sie entstehen, unsere Ohrmuschel erreichen und im Gehirn verarbeitet werden, ist ein Thema dieser Sendung. Im Zentrum natürlich: Die Violine, die Antonio Stradivari im 17. und 18. Jahrhundert zur Vollendung entwickelt hat – ihre Bauweise, ihr Klang, die abenteuerliche Biographie einiger Originale. “Die Stradivari” ist Kulturdenkmal und Spekulations-Objekt — keines der ungefähr 600 erhaltenen Exemplare kostet weniger als eine Million Euro. Viele dieser 300 Jahre alten “Strads” ruhen in klimatisierten Bank-Safes und verlieren durch Nichtstun nach und nach ihr berühmtes Timbre.
Den Rahmen des Features liefert der obsessive Versuch eines Amateurs, der sich seit 60 Jahren auf bescheidenen Instrumenten abquält, einmal zehn Takte auf einer “echten Stradivari” spielen zu dürfen – in der Heimatstadt des Meisters. Ein hindernisreiches und womöglich vergebliches Unterfangen, das seit Anfang der Recherche im Sommer 2009 dokumentiert wird: Mails, Telefonate, Bedenken der italienischen Seite, Bürokratie. Der Autor gibt sein Bestes. Er wählt geeignete zehn Takte, übt mit seinem Geigenlehrer. Hosenflatternd fliegt er nach Italien.
Wie zu erwarten, muss er mit seinem ausgefallenen Wunsch vor den Gralshütern des Mythos und Geschäfts kapitulieren, findet aber eines Tages in einem früheren DDR-Sportlerheim oberhalb des Örtchens Geyer / Erzgebirge Ersatz. Dort baut der “Psychoinformatiker” Dr. Friedrich Blutner mit wachsendem Erfolg an einer Computer-Violine, der“New Strad“, die “nur” zwanzig- bis fünfzigtausend Euro kosten wird. Und, was den Autor glücklich macht: Er darf seine zehn Takte aus dem Quartetto Concertante in G‑Dur von Carl Stamitz auf dem Prototyp der “falschen” Stradivari endlich spielen.
➤MANUSKRIPTE