Das Radio als Welterzähler

Ein Nach­ruf auf die Magnetbandzeit

Deutsch­land­funk / Saar­län­di­scher Rund­funk 2009 – Dau­er: 53:32
Erzäh­ler: Der Autor

PRESSETEXT:

Mehr als das Blei in den Kugeln, schrieb Georg Chris­toph Lich­ten­berg im 18. Jahr­hun­dert, habe “das Blei in den Setz­käs­ten” die Welt ver­än­dert. In der zwei­ten Hälf­te des vori­gen Jahr­hun­derts über­nahm ein beschich­te­ter Plas­tik­strei­fen zur elek­tro­ma­gne­ti­schen Auf­zeich­nung von Ton, Bild und Daten die Rol­le des Buchs als Welt­ge­dächt­nis. Seit den 70er Jah­ren hat die Aus­brei­tung des World Wide Web und die Ein­füh­rung neu­er digi­ta­ler Spei­cher­me­di­en das Magnet­band nach und nach in die Archi­ve und Muse­en ver­bannt – samt unge­zähl­ter Repor­ta­gen, Hör­spie­le, Fea­tures und Musik­auf­nah­men: kaser­nier­tes kul­tu­rel­les Erbe, vie­les für immer tot und begraben. 

Ein Nach­ruf ist fäl­lig. Denn die­ses abge­schlos­se­ne  Kapi­tel der Indus­trie- und Medi­en­ge­schich­te war auch eine – viel­leicht die letz­te – Peri­ode gro­ßer Radio­er­zäh­ler und Repor­ter-Per­sön­lich­kei­ten samt der vir­tu­el­len Gemein­schaft  lau­schen­der Zuhö­rer “drau­ßen im Land”. Im glo­ba­len Dorf scheint Bert Brechts Radio­theo­rie ver­wirk­licht: Der Dis­tri­bu­ti­ons- ist zum Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ap­pa­rat gewor­den, der “User” sen­det selbst. Die­ses Fea­ture ist auch ein Ver­such, den Über­gang zur “Inter­net-Gala­xis” (ein Begriff des spa­ni­schen Sozio­lo­gen Manu­el Cas­tells) als Zeit­wen­de unse­res Den­kens und Füh­lens zu beschrei­ben, plä­diert aber zugleich für den Erhalt des Kul­tur­in­stru­ments Radio als uner­setz­ba­re Hör- und Denkbühne.

Archi­va­re und Ton­tech­ni­ke­rin­nen, Ton-Inge­nieu­re, Regis­seu­re, pro­mi­nen­te Autorin­nen und Autoren aus dem öst­li­chen und west­li­chen Nach­kriegs-Deutsch­land stei­gen mit dem Autor in die Maga­zi­ne akus­ti­scher Reich­tü­mer – in das radio­pho­ne Gedächt­nis der Welt.


MANUSKRIPTE