Aus einer Kritik von Hedwig Rohde in epd Nr. 86 / 1976
unter dem Titel “Ab und zu ein kleiner Hitler”
Der Funkreporter Helmut Kopetzky, der es gut versteht, aus Kindern oder Halbwüchsigen echte, spontane, manchmal erschreckend natürliche Antworten herauszuholen, weil er selber abwartend seine jungen Partner ernst nimmt – Kopetzky also hat sich auf Kinderspielplätzen bei den Kriegsspielen der Zwölfjährigen herumgetrieben; er hat sich von “Action-Filmen” erzählen lassen und schließlich nach dem “Adolf Superman” gefragt (…) Die Kinder haben sich ein Monstrum aus Bruchstücken von Elterngesprächen, Radiofetzen, Hörensagen zurechtgemacht – das passt zum “Mann mit der Todeskralle”, den sie im Kino sehen. Wenn dann in der Pubertät die anderen Figuren sich überlebt haben, ist Hitler geblieben – überlebensgroß.
(…) “Es klingt, als sprächen die Großeltern aus ihren Enkeln”. Das Heer der jungen Arbeitslosen steht vor uns. Das sucht nach simplen Antworten und politischen Allheilmitteln.
(…) Das Schlimmste zuletzt, die Geschichte von Bruno, fünfzehn Jahre: Versammelt in Berlin-Kreuzberg zehn bis zwanzig Kinder und Jugendliche, um Führers Geburtstag zu feiern. Schallplatten mit Hitlerliedern, Hakenkreuze, die Fahne … “Die steht für Deutschland ! Ich liebe mein Volk, und wenn ich hier aus der Wohnung rausfliegen würde – ich würde die Fahne immer wieder raushängen – egal, was kommt !” Bruno “war so fanatisch auf Hitler”, er wurde Vegetarier, hörte auf zu rauchen. War zu Hause durchgegangen, zwei Jahre “auf Trebe”.
(…) Bruno steigert sich in Hysterie, als großer Judenhasser. “Hitler war nicht radikal genug ! Der hätt’ sie alle umbringen sollen !” Und da geht die Gaspistole los, die einer mitgebracht hat. Alle müssen sich die Nase zuhalten …